Weltweit sind ungefähr 300 KCNT1-Fälle bekannt. In der Schweiz ist Alea das dritte betroffene Kind. Die Kinder sind unterschiedlich schwerstbehindert. Meist beginnt die Krankheit mit epileptischen Anfällen. Die Betroffenen sind entwicklungsverzögert, lernen weder sprechen noch laufen und das Sterberisiko in jungen Jahren ist sehr hoch. Leider ist die Krankheit noch nicht richtig erforscht. Man weiss lediglich, dass sie unheilbar ist und es keine Medikamente dagegen gibt.
Der Alltag mit Alea ist enorm schwierig, sie braucht 24 Stunden Aufmerksamkeit. Alea erlitt in ihrem ersten Lebensjahr täglich 30 bis 40 epileptische Anfälle, ist ohne Betreuung völlig hilflos und neigt zu Selbstverletzungen und Aggressionen.
Bei meinem Besuch erlebe ich eine tapfere junge Frau, die sagt: «Trotzdiesem grossen Schicksal ist meine Alea ein Sonnenschein und erfüllt mein Herz mit grosser Liebe.»
Jane erzählt mir, dass Alea 2019 als gesundes Kind geboren wurde. Das einzig Auffällige sei gewesen, dass sie mit sechs Zehen an einem Fuss zur Welt kam. Die ersten vier Monate wären wunderbar, glücklich und unbeschwert gewesen, voller Freude. Bis eines Nachmittags Alea einen krampfartigen Anfall hatte und blau anlief. Zuerst diagnostizierten das die Ärzten als normale Tiefschlafsymptome bei Kleinkindern, bis sich die Anfälle häuften. Nach unzähligen Untersuchungen und Tests sowie monatelangem Krankenhausaufenthalt dann die endgültige Diagnose: KCNT1 mit Autismus. Vier Buchstaben und eine Zahl. Fragend schaut mich Jane an: «Aber was bedeutet das für unsere junge Familie, unser Leben und wie geht es weiter? Für meinen Mann und mich brach die Welt zusammen. Wir waren ja selber fast noch Kinder, erst 19 und 20. Zum Glück erhielten wir grosse Unterstützung von unseren Eltern.» Mit grosser Angst, Unsicherheit und Einsamkeit, nahm Jane ihr neues Leben an und hoffte, dass immer wieder eine Türe sich öffne, oder ein Wunder geschehe.
Per Zufall erfuhr sie von AsFam. Und wieder dieses Fragen in ihren Augen: «Kann das wahr sein, darf man das glauben?», seien ihre ersten Gedanken gewesen. Heute sagt sie mir, dass AsFam ihr Leben positiv verändert hat. Endlich habe sie eine Ansprechstelle, die ihre Sorgen und Nöte ernst nehme. «Die AsFam Mitarbeitenden stärken und unterstützen mich in meiner täglichen Arbeit und geben mir mehr Sicherheit. Ich bin so glücklich, Teil davon zu sein und freue mich jeweils auf den jährlichen AsFam-Event. Denn da wird einem bewusst: wir sind nicht allein! Und wir erfreuen uns an den schönen Zusammentreffen und Gesprächen mit anderen pflegenden Angehörigen».
Natürlich sei das Leben nicht einfach und sie müsse 24 Stunden am Tag sehr achtsam sein. Alea ist nie unbeobachtet, die Selbstverletzungen und epileptischen Anfälle sind nach wie vor sehr präsent. Alea ist heute fünf Jahre alt und hat gelernt zu laufen und zu sprechen. Seit einem halben Jahr ist sie in einem Kindergarten mit speziell ausgebildetem Pflegefachpersonal und fühlt sich wohl. Auch Jane geht es besser. Sie kann jetzt zwei bis drei Stunden am Tag etwas Verantwortung abgeben und «mich dann um unser zweites, gesundes Kind, Nevia (2 Jahre alt), kümmern.»
Jane spricht allen pflegenden Angehörigen aus vollem Herzen Mut zu, nie den Glauben an Wunder zu verlieren. «Unser Kind hat mit sieben Monaten die Diagnose erhalten, nie laufen und sprechen zu können. Heute kann Alea beides – Wunder geschehen.»
Ich bedanke mich bei Jane für das offene, emotionale und sehr positive Gespräch und kann mich nur in Demut vor ihr verneigen. Der Familie Blumer wünsche ich aus tiefem Herzen alles Liebe und viel Kraft!